Freitag, 4. März 2016

My Love Of This Land



Dann werde ich mich also auch mal auf den Blog Quest begeben. Diesmal zum Thema Settings.


1.) Welche Eigenschaften und/oder Besonderheiten schätzt Du an Deinen/m Lieblingssetting(s)?
Wichtig ist mir, dass das Setting ein gutes Konzept hat. Es sollte erkennbar sein, was die Einflüsse sind, von denen sich die Autoren haben inspirieren lassen. Außerdem sollte klar sein, was man darin spielen kann und soll. Womit ich schon beim nächsten Punkt wäre: Die zentralen Themen und Konflikte sollen interessant sein. Man könnte das vielleicht auch als "Bezug zu menschlichen Grunderfahrungen und -konflikten" beschreiben. Von der Ausgestaltung her sollte es nicht nur 0/8/15 sein. Ein eigener Geschmack, eigenwillige Deutungen von bekannten Tropen und Motiven ist für mich ein Muss. Gleichzeitig sollte es eine gewisse Offenheit und Schnittstellen für eigene Ideen mitbringen. 

Um das Ganze zusammenzubinden ist mir wichtig, dass das Setting u.a. einen Bezug zu Sagen, Mythen und Geschichte hat. Sowohl zu der unserer Welt als auch eigene Deutungen davon oder Eigenschöpfungen für die Spielwelt. Dabei reicht es nicht realweltliche Sagen, Mythen, Märchen und/oder Legenden durch den Fleischwolf zu drehen. Finde ich furchtbar. Vampire: the Masquerade macht hier in meinen Augen alles richtig und falsch zugleich. Das Spiel hat eine umfangreiche "Mythologie". Andererseits bemüht es dafür auf ganz grausige Weise den Fleischwolf.

Zum "mythischen Bezug" gehört für mich auch ein mindetens latenter Fokus auf Kultur und Gemeinschaften. Da sind die Ebenen Soziales, Politisches, Religiöses und Handel ausdrücklich drin eingeschlossen.

Gern mag ich, wenn ein Setting ein gewisses "Eigenleben" hat, das den Spielfiguren (gleich ob von Spielerinnen und Spielern geführt oder von der Spielleitung) Konventionen und Handlungsimperative aufzwingt. Ein Beispiel, bei dem das sehr stark der Fall ist, wäre Legend of the Five Rings (L5R). Hier haben die (i.d.R.) Samurai immer Verpflichtungen gegenüber ihren Herren und gegenüber ihren Untergebenen. Außderm haben sie ja auch noch familiäre Bande und eigene Interessen, Bedürfnisse, Sehnsüchte, ... Die können auch schnell mal miteinander in Konflikt geraten. Vom Setting vorgegeben gibt es ganz klare Loyalitätshierarchien, die eingehalten werden müssen, wenn eine Figur nicht ihre Ehre aufs Spiel setzten will oder (bzw. und, weil das oft damit verbunden ist) ihr Leben. 

Ein Setting, das das auf allen Ebenen gut hinbekommt ist mMn das von Clockwork & Chivalry oder auch die Alte Welt von Warhammer Fantasy Roleplay. L5R ist stellenweise schon etwas schwer zugänglich. Es braucht von der Spielleitung mehr Vorbereitung und die Spieler müssen sich auch ein bißchen einarbeiten wollen. Einflüsse ostasiatischen Denkens sind nicht unbedingt für alle gut zugänglich.



2.) Hast Du schon Settings selber gebaut? Bist Du da der Bottom up (vom Kleinen zum Großen) oder eher der Top down (vom Großen zum Kleinen) Typ?  Was waren die Besonderheiten Deines Settings? Wenn nein, warum hast Du bisher keins gebaut?
Ja, ich habe Settings gebaut. Für meine ersten wirklichen Versuche mit Rollenspiel - die gleich Spielleitung mit dem Freiform-Regelwerk daidalos beinhalteten - habe ich ein Setting gebaut. Neben 0/8/15-Fantasy als Grundlage hatte es Anlehnungen an Märchen und Aberglauben, an unsere Mittelalter-Welt, an Warhammer Fantasy (wie sie in den ganz alten Romanen beschrieben wird), an Magnamund (die Welt der Einsamer-Wolf-Spielbücher) plus ein bißchen Weirdness und Anachronismen. Damals hatte ich mit der Weltkarte angefangen. Konkreter ausgearbeitet waren des Reich, das Hauptspielort werden sollte und darunter besonders dessen Hauptstadt. (Leider habe ich die Sachen nicht da, so dass ich sie zeigen könnte.)

Auch für die letzte LotFP-Runde hatte ich begonnen ein Setting zu bauen. Ausgehend von dem Abenteuer "Tower of the Stargazer" habe ich mir Ortschaften in der Nähe überlegt und die Lage des Zaubererturms in der Gegend festgelegt. Danach habe ich mich dann den größeren Zusammenhängen gewidmet. Mit Vornheim als Metropole im Norden und einer Stadt, die eine Mischung aus The Bury of St Edmunds (The Maelstrom Companion) und Norwich (Forgive Us) darstellt. Ergänzend dazu habe ich mich um Religion und Glaube, "Tech-Level", etc. gekümmert. Ein bißchen was davon kann man hier anschauen. Der Ton des Ganzen war "brueghelian" (wie man im englischen Sprachraum sagt). Geerdet, grotesk, realitätsnah, bäuerlich, symbolisch, weird, gritty ... sind Adjektive, die man zur Beschreibung verwenden kann.

An beiden Beispielen kann man ganz gut erkennen, dass ich ein Verfechter des "Sandwich-Modells" bin. Das Setting wird von beiden Richtungen her abwechselnd ausgearbeitet. Bottom Up und Top Down im Wechsel. Was der Ausgangspunkt ist, ist egal.


3.) Magst Du lieber generische Setting [sic!], wo man schnell mal einen Oneshot oder ein Kaufabenteuer reinwerfen kann und deren typische Tropes jeder kennt, oder lieber eigenständige, mit Besonderheiten gespickte, “einmalige” Settings?
Da kann ich nur antworten: "Weder noch" oder "Sowohl als auch". Ich mag Settings, die Anknüpfungspunkte haben UND gleichtzeitig einen eigenen Geschmack. Für das Spiel bedeutet das, dass Oneshots oder Kaufabenteuer jederzeit mit den "üblichen" Anpassungsarbeiten eingefügt werden können. Mit "üblichen Anpassungsarbeiten" meine ich, dass der Aufwand nicht über jenen hiausgeht, den man für das Konvertieren eines Abenteuers für ein anderes System betreiben muss.

Ein klassisches Beispiel für so ein "Zwischending" an Setting wäre die Warhammer-Welt nach WFRP 1st & 2nd. Dazu habe ich hier bereits ausführlich was geschrieben.


4.) Wie steht es um den Detailgrad bei Kaufsettings? Möchtest Du ein Königreich lieber auf 5 oder auf 500 Seiten beschrieben haben? Lieber eher knapp. So 20 - 40 Seiten reichen mir. Allerdings ist nicht der Umfang entscheidend, sondern die Art der Beschreibung. Offenheit, Inspiration, Themen und Konflikte, kurzer geschichtlicher Abriss, soziale Ordnung, Gebräuche und Kosmologie - diese Aspekte müssen drin sein. Kaufsettings, die alles erschlagend und umfassend festlegen, sind mir genauso zu wider wie Settings, die sich auf nichts festlegen wollen oder (fast noch schlimmer) verschiedene Themenbereiche nahezu komplett in Erweiterungsprodukte auslagern.
Ich brauche nicht alle Settinginfos ein einem Ort. Doch ein kursorischer Überblick z.B. im Grundregelwerk oder einem Settingbüchlein, in dem das Setting kohärent und umfassend skizziert wird, ist Pflicht. Wichtig ist halt, dass ich mir ein Bild machen kann und dass da nichts Wesentliches fehlt. Vertiefung darf dann gern an verschiedenen Stellen stattfinden. Gerne auch in Abenteuern.

Spiele, die es in meinen Augen richtig gemacht haben, sind WFRP 1st und Clockwork & Chivalry.


5.) Welches Setting hat Dich zuletzt beeindruckt, egal ob kürzlich erschienen, noch im Erscheinen begriffen oder länger erhältlich? 
Shudder Mountains (DCC RPG - The Chained Coffin)

Sagen und Mythen der Appalachen, bzw. die darum kreisenden folkloristischen Pulp-, Horror-, Sword-&Sorcery-Stories von Manly Wade Wellman bilden den Kern des Settings.


Karl Edward Wagner schreibt über die Vorlage: “These stories are chilling and enchanting, magical and down-to-earth, full of wonder and humanity.” Und in meinen Augen gilt dasselbe für das Setting von Goodman Games.


Blog-O-Quest?
Eine schöne Sache, die von Greifenklaue und Würfelheld im Wechsel organisiert wird. Meinen Dank dafür. (Wer ebenfalls teilnehmen will findet - diesmal bei Greifenklaue - alle Infos.)

1 Kommentar: