Diesmal habe ich es noch nicht geschafft am Vlogtaculum teilzunehmen. Trotzdem habe ich mir meine Gedanken gemacht ... und da sie mich nicht so recht loslassen wollen, muss der Blog für meine Überlegungen herhalten.
Deine Lieblingssysteme, bzw. Lieblingssettings. So lautete das Thema des September-Vlogtaculum.
Für meine Auswahl habe ich mich entschieden Regeln und Hintergrund nicht streng zu trennen. Im Ergebnis bedeutet das, dass die vorgestellten Spiele mich im Wesentlichen als Komplettpaket und vor allem als Spiel überzeugen. Wobei natürlich mal die Regeln und mal der Hintergrund mehr entscheidend sind.
WARHAMMER FANTASY ROLLENSPIEL (2nd)
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Bildquelle: Feder & Schwert, http://goo.gl/OJkLnq |
1. Regeln:
Besonders gefällt mir die zufallsgesteuerte Erschaffung der Spielfiguren. Das Ergebnis dieser Generierungs-methode ist ein "lebendiger" Charakter mit Ecken und Kanten und keine "sterile Kopfgeburt" oder "einigartige Schneeflocke", wie das Punkte-Kauf-Systeme gern erzeugen. Wer sich das ganze anschauen möchte: Vor Zeiten habe ich mal die Charaktererschaffung durchexerziert.
Teil 1, Teil 2 und
Teil 3.
Das Karrieresystem (ich nenne sie auch gern temporäre Klassen) erlaubt es den Charakter in seiner beruflichen Kompetenz und Entwicklung in der Spielwelt zu verorten.
Oder anders: Die Erlebnisse und Erfahrungen, die eine Spielfigur im Verlauf von Abenteuern sammelt bestimmen deutlich mit, welche Karriere er als nächstes einschlägt. Ein Grabräuber wird also dann zum Vampirjäger, wenn er aufgrund einschlägiger Erfahrungen davon überzeugt wurde, dass der vampirischen Plage Einhalt zu gebieten ist. Wenn statt dessen sein Geschäft mit gestohlenen Grabbeigaben floriert und er seine Position verbessern möchte, könnte er Hehler werden.
Man sieht schon: Das Karrieresystem ist ein Element, das Spielregeln und Setting miteinander in Beziehung setzt. Und genau das gefällt mir.
Das Würfelsystem ist ein relativ einfaches W100-System, das durchaus die ein oder andere Schwäche hat. Insgesamt ist es aber recht gut spielbar und Hausregeln lassen sich einbinden ohne, dass man dann befürchten muss die Regeln produzieren nachher Murks. Besonders gefällt mir, dass es das W100-System erlaubt, Elemente aus anderen W100-Spielen (z.B. Elric!) ohne großen Konvertierungsaufwand einzubauen. Die grundlegende Funktionsweise der BRP- und Warhammer-Regeln ist ähnlich genug, dass das möglich ist.
Das Magiesystem ist einfach anwendbar. Zauberei ist gefählich aber nicht gänzlich unbrechenbar.
Es sind die möglichen negativen Folgen, die zauberkundige Charaktere davon abhalten ständig zu zaubern, nicht systemische Ressourcenbeschränkung.
2. Hintergrund:
Die Warhammer-Welt ist eine Fantasywelt, die sehr eng an unsere Erde angelehnt ist. Das fängt damit an, dass die Landmasse, die Kontinente in etwa unserer Welt entsprechen. Geht weiter damit, dass die einzelnen Nationen mythischen und historischen Vorlagen entsprechen.
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Bildquelle:http://goo.gl/tJfVni |
Das betrifft insbesondere die sog. Alte Welt - das Warhammer-Äquivalent zu Europa. Das Imperium entspricht vom Aufbau her dem Heiligen Römischen Reich deutscher Nation des 15. und 16. Jahrhundert. Bretonia ist an das mittelalterliche Frankreich und die Artus-Sage angelehnt.
Kislev erinnert an das russische Zarenreich der Märchen und Sagen, hat aber auch einige Anklänge an das Russische Kaiserreich ab 1721. Tilea hingegen hat die konkurrierenden italienischen Stadtstaaten der Renaissance zum Thema. Man kann leicht erkennen, dass mythisch-historischen Einflüsse einen guten Teil der Warhammer-Welt ausmachen. Entsprechend leicht lassen sich historische Begebenheiten oder Bewegungen ins Spiel einbringen. Geschichtsbücher wie
Apokalyptiker und Propheten im Mittelalter lassen sich gut für das Spiel fruchtbar machen.
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Dann bietet Warhammer aber auch eine klassische EDO- (Elves, Dwarves, Orcs)-Welt. Mit Hochelfen, die an Atlantis erinnern, oder Waldelfen, die starke keltische Einflüsse haben und bei denen insbesondere die Wildheit und Doppeldeutigkeit der kelt. Anderswelt zu Tage tritt. Die Zwerge wiederum sind einerseits von Tolkien inspiriert, andererseits erinnersn sie an Wikinger. An Fantasy-Einflüssen findet sich außerdem eine gehörige Menge Moorcock. Das Konzept von Ordnung und Chaos gehört beispielsweise dazu. Die Geschichte von Sigmar, dem Gründer des Imperiums ist inspiriert von Robert E. Howards Conan. Warhammers Hexenjäger sind eine Remineszenz an
Solomon Kane vom selben Autoren.
All diese Einflüsse wurden von Warhammer verarbeitet und daraus wurde etwas Neues geschaffen. Die Geschichte der Welt, die Erklärung wie und warum Magie funktioniert, die Herkunft der Völker/Rassen, ... Die
Warhammer-Lore, die Spielweltfakten, sind vielfältig, von britischem Humor getränkt und einigermaßen in sich geschlossen. Oder anders Warhammer hat wie Marvel, sein eigenes Universum geschaffen. Durch verschiedene Retcons und Widersprüche liegt es schließlich bei der Spielleitung und vielleicht auch der Rollenspielgruppe im Prozess des Spielens die verbindlichen Hintergrund-aspekte festzulegen.
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Und zu guter letzt ist Warhammer ein Dark-Fantasy-Setting. Finstere Tiermenschen lauern in den Wäldern, der Aberglaube ist stark in den Köpfen der Menschen, die Einflüsterungen des Chaos versuchen v.a. die Menschen zu korrumpieren.
Bei Warhammer spielt man Helden wider Willen, Herumtreiber, Glücksritter, Abenteuerer. Sechste Söhne von Adeligen, die bei der Verteilung des elterlichen Erbes leer ausgingen, heimatlose Lumpensammler, Halblinge denen die Biedermeierlichkeit im Mootland bis zum Hals steht, ...
Warhammer vereint D&Ds "from zero to hero" und Cthulhus "into madness and corruption". Ein rasches und plötzliches Ableben irgendwo in der Gosse ist für die Spielercharaktere auch immer drin. ;-)
URCHIN
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Bildquelle: RPGGeek, http://goo.gl/QYqkgn |
1. Regeln:
Ein Charakter besteht aus zwei! Attributen. Meat und Mind.
Beide werden nach der Methode "Würfel 2W6 und behalte den höheren Würfel" ermittelt. Die so erhaltene Zahl gibt den Pool an Würfeln an, der für körperliche oder geistige Proben zur Verfügung steht. Ergänzt wird ein Charakter durch 3 frei bestimmbare Talente. Beispiele: Messerkämpfer, Hohlwelt-Prophet, Blitzende Augen, Wimpernklimpern. Die Geben (wie Ausrüstung auch) situativ Bonus-Würfel auf Proben.
Der Probenmechanismus: "Dein Ziel ist es mit deinem Würfelpool mindestens eine 6 zu würfeln". Jeder Würfel, der eine 1 zeigt wird dauerhaft aus dem Spiel entfernt ("the rot"). Deswegen ist es wichtig zu wissen, welche Würfel aus dem Pool woher kommen. Heißt: Man muss unterschiedliche Würfel benutzen.Wenn Meat oder Mind jemals bei 0 sind, wird es mies: Tod und Wahnsinn warten auf der Schwelle.
Urchin ist ein sehr strukturiertes Spiel mit SL. Die Spieler agieren der Reihe nach. Sie können entweder eine Szene eröffenen, oder eine Szene packen. Letzeres meint, dass der SL die Szene für den Spieler beginnt. Ist allerdings mit Risiken für dessen Spielfigur verbunden. Anstelle der in Rollenspielen üblichen Handlungen, können in einem Zug auch Ressourcen erworben werden. Diese sind "Food", "The Blessing", "Cash" und "Gear".
Ein Stück "Food" stellt einen verlorenen "Meat"-Punkt wieder her. "The Blessing" (blaue Kristalle, die geraucht werden) machen dasselbe mit "Mind". "Cash" ist notwendiges Universaltauschmittel. "Gear" schließlich verschafft einem SC Würfel, die folgenlos verschlissen werden können.
Am Ende einer Runde muss einer der SC die Unterstadt-Beleuchtung bezahlen. Tut das keiner und das Licht geht aus, passieren schlimme Dinge.
Agharta: Ein SC kann auf die Suche von Agharta gehen, wenn er 10 oder mehr Mind-Punkte hat.
2. Hintergrund:
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Photo by Steve Duncan @ http://goo.gl/wPdKNn |
In der Unterstadt von New York City kämpfen die Spielfiguren als Gestrandete, Ausgestoßene und Penner ums Überleben. Aber sie haben ein Ziel: Das quasi-mythische Reich "Agharta", eine Art Paradies, zu finden. Es gibt keine verlässlichen Infos über "Agharta" lediglich sich widersprechende und mannigfaltige urbane Legenden. Was davon Realität, Traum oder drogeninduzierte Imagination ist bleibt offen.
Hier noch ein
ein kurzer Spielbericht.
Bisher konnte ich das Spiel noch nicht spielen. Aber die Mischung aus Struktur und Freiform. Verrückten Ideen und Ressourcenmanagement gefällt mir unglaublich gut.
Dazu kommt, dass es für Urchin keine/kaum Vorbereitungszeit braucht. Und: Es hat eine ganze Reihe an Zufallstabellen.
CRYPTS & THINGS
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Bildquelle: d101Games, http://goo.gl/Fif2ap |
1. Regeln:
Crypts & Things ist ein Spiel der OSR (Old School Renaissance) wie es im Buche steht. Das bedeutet: Es beantwortet eine "Was-Wäre-Wenn-Frage". Und zwar diese: Was wäre wenn D&D vor Urzeiten ein Sword-&-Sorcery-Spiel geworden wäre? Wenn Leiber (Fafhrd and the Grey Mouser), Moorcock (Elric), Howard (Conan) und Lovecraft (Dreamworld, Cthulhu) wie in Appendix N angegeben, tatsächlich die entscheidenden literarischen Einflüsse für D&D gewesen wären und eben nicht Tolkien?
Wie tut C&T das? Nun, Crypts & Things basiert auf dem (mehr oder weniger) Retro-Klon
Swords & Wizardry Core. Anders als jenes verzichtet es aber vollständig auf Fantasy-Rassen wie Elfen oder Zwerge. Das Spiel kennt 4 Klassen, die alle mit Sonderregeln versehen sind. Der Barbar erhält einen Raserei-Bonus auf den ersten Angriff sowie Wildnisfähigkeiten, die man andernorts bei der Waldläuferklasse findet. Der Krieger darf sich aus einer Liste an Kampfstilen zwei (?) aussuchen, die er in besonderer Weise beherrscht. Zauberkundiger und Dieb tun im Wesentlichen das, was man von ihnen in einem D&D-Spiel erwartet, halten aber generell mehr aus. Wobei man noch dazusagen muss: Der Zauberkundige kann als Priester, Beschwörder, Schamane, Hexenmeister, ... gespielt werden. Je nach Spruchauswahl und wie sich die Figur in der Spielwelt gebärdet.
Der Genrevorlage entnommen sind auch zwei weitere Eigenheiten des Spiels. Zum einen kann jeder Charakter einen "Hinterhältigen Angriff" (backstab) machen und zum anderen ist die Magie sehr speziell. Macht, gerade in der Form von Magie hat ihren Preis. Dieser richtet sich danach, ob der Zauberkundige weißmagische, graue oder schwarzmagische Sprüche zur Wirkung bringt.
Für weißmagische Zauber (Heilung, Schutz, Wahrnehung) sind die Kosten überschaubar, graue Wunder (v.a. Illusions- und Beeinflussungszauber) kosten Lebenspunkte. Schwarze Magie (Schadenszauber, Kampfzauber, ...) schließlich kann seinen Benutzer ganz leicht um den Verstand bringen.
Damit sind wir auch schon bei der nächsten Eigenheit: Crypts & Things benutzt ein System für Wahnsinn. Wenn ein Rettungswurf misslingt, dann zeiht ein Charakter Punkte der Geistigen Stabilität (entspricht dem Wert Weisheit) temporär oder dauerhaft ab. Weisheit 0 heißt, der Charakter ist unspielbar wahnsinnig.
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Bildquelle: http://goo.gl/TFjOpC |
Weitere Kniffe bei den Spielmechanismen sind: Jeder Charakter hat einen Basis-Rettungswurf. Wird z.B. ein Rettungswurf gegen Gift fällig, dann wird dieser durch den Widerstandbonus des Charakters modifiziert. Der Basis-Rettungswurf funktioniert darüberhinaus auch als simples Proto-Fertigkeitensystem. Bei Lesen scheint es etwas zu simpel. Am Spieltisch jedoch tut es ganau das, was es soll. Kurzum: Einfach und funktional. Was will man mehr?
Zuletzt möchte ich noch auf die Lebenspunkte eingehen: Für die meisten Monster und unbedeutenden Spielleiter-Charaktere heißt 0 Lebenspunkt = tot. Für Helden und Schurken aber reprästentieren die LP Erschöpfung. Verlorene LP können über Nacht zurückgewonnen werden. Jeder Punkt Schaden der bei wichtigen Figuren über ihre LP hinausgeht bedeutet einen Punkt Abzug bei Attribut "Widerstand". Widerstands-Punkte regenerieren nur langsam und solange diese Punkte nicht geheilt sind gibt es keine LP zurück. Eine, wie ich finde schöne Regel, die die Spieler-Figuren gegenüber Monstern etwas stärker macht, aber sie auch ganz schön leiden lässt, wenn sie mal Attributsschaden genommen haben.
Die Regeln sind schön geschrieben und manchmal nicht genau ausformuliert. Man bekommt jedoch immer eine Vorstellung davon, wie bestimmte Dinge zu laufen haben. Und da der Autor, Newt Newport immer wieder zu Selbermachen ermutigt, ist das auch kein Problem.
2. Hintergrund:
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Bildquelle: http://goo.gl/OBPmJa |
Die Hintergrundwelt, Zarth, ist recht spärlich beschrieben. Wirklich vorgestellt wird ohnehin nur "the continent of terror". Diese Insel ist ein recht generisches Sword-&Sorcery-Setting mit einer untergegangenen Magier-Priester-Hochkultur, einer uralten grausamen Echenkultur, die man längst untergegangen wähnte. Mit grausamen Wüstenstämmen, versunkenen Städten, uralten Katakomben, einer Stadt-Staaten-Allianz, ...
Die Götter sind ... letztendlich grausame Aliens und die Welt Zarth dem Untergang geweiht.
Insgesamt muss man sagen, ist das Setting nix wirklich besonderes. Aber dem Autoren nach soll es auch lediglich als Blaupause für was eigenes dienen. Alternativ sollen es sich die Spielenden so zu eigen machen, wie sie möchten.
Interessante Monster und ein cooles Abenteuer finden sich im Buch auch noch.
Wenn es keines dieser Spiele gegeben hätte...
Dann wäre meine Wahl:
Prince Valiant Storytelling an Stelle von Urchin.
Das Prinz Eisenherz Erzählspiel kommt mit einfachen Regeln daher. Eine Spielfigur besteht aus lediglich zwei Attributen ("Brawn" & "Presence") und einigen Fertigkeiten. Es benutzt ein W2-Pool-System. Das Setting, das Britannien eines König Artus nach der Vorstellung von Hal Foster ist sicher auch eine Stärke des Spiels. Vor allem ermöglicht es - da es mit Camelot sowas wie eine Zentrale gibt, wo neue Spieler-Charaktere aufgegabelt oder zurückgelassen werden können - die Möglichkeit zu Spielen, auch wenn nicht alle Spieler beisammen sind. Und das beste: Man kann man Prinz Eisenherz auch ohne Vorbereitung spielen. Im Buch hinten sind genügend Abenteuerskizzen die man sofort spielen/leiten kann.
Everway für Crypts & Things.
Einfach ausprobieren ist auch bei Everway die Devise. Wobei die Freiform-Anteile bei Everway deutlich größer ausfallen als bei C&T. Mit den Bild-Karten-Mechanismen (als Würfel-Ersatz und zur Charaktergenerierung) ist das Spiel sehr assoziativ angelegt. Ich habe es bisher immer am liebsten SL-los gespielt. (Ein Spielbericht findet sich bereits hier im Blog.)
Renaissance Deluxe (+
Dark Streets) für WFRP 2nd.
Wie Warhammer ist Renaissance Deluxe ein W100-System. Genauer gesagt ist es BRP(Runequest,Cthulhu)-Enkel, das seinen Fokus auf das Schwarzpulver-Zeitalter legt. Da das Spiel hintergrundlos auftritt würde ich mir
Dark Streets dazunehmen. Verbrechen, Armut und manchmal unmenschliche Ereignisse in den Straßen des georgianischen London.