Dienstag, 7. Juni 2016

Ear In The Wall

Fertigkeiten-Systeme: Eines der großen Streitpunkte in OSR-Systemen. Geht es ganz ohne? Soll es umfassend sein? Ein Proto-System mit Freiform-Elementen?

Ich bin ja der Meinung, dass Proto-Fertigkeiten reichen. Fertigkeiten sollen sich nicht einfach runterwürfeln lassen, sondern sie sollen mit den Spieler-Ideen interagieren.

Nachdem jetzt meine deutsche Ausgabe von Beyond the Wall schon eine Weile da ist und ich endlich mal ein bißchen zum Lesen gekommen bin, blieb ich gleich bei den Fertigkeiten- würfen hängen geblieben. Und was soll ich sagen, die Methode gefällt mir nicht! Es ist nicht so, dass das System nicht ein paar kluge Einfälle hätte, aber Attributswerte unterwürfeln finde ich doch ungünstig. 

Charaktere mit ohnehin guten Werten - wie mein Probecharakter (Junger Waldläufer, Geschicklichkeit [GES] 19) - haben es doch deutlich zu leicht gegenüber Charakteren, die z.B. GES 8 haben. Wenn z.B. ein Schleichen-Wurf[1] fällig ist und mein Waldläufer noch ein +2 Bonus wegen der Fertigkeit "Heimlichkeit" auf den Wurf bekommt, dann ist das besonders augenfällig. Eine schwere Probe (-2 auf den Wurf) ist für meinen SC immer noch sowas wie ein automatischer Erfolg (95% Erfolgswahrscheinlichkeit). Einzig, eine 20 darf ich nicht für ihn würfeln (aber eine 20 ist sowieso immer ein Fehlschlag). Eine Legendäre Probe (-10) hat immer noch einen Erfolgswert von 55%.  Der Charakter mit GES 8 hat - bei normaler Schwierigkeit - eine Erfolgschance von 40%.


Ich will deswegen das System umstellen. Eine Attributs, bzw. Fertigkeitsprobe wird bei normaler Schwierigkeit gegen einen Mindestwurf von 10 abgelegt. (Das entspricht exakt der Standart-Schwierigkeit, die das reguläre System auch vorsieht.) Zum Würfelwurf werden dann der Attributsbonus und ggf. ein Fertigkeitsbonus addiert. Die Boni und Mali auf der Tabelle auf S. 25 im Regelwerk tauschen ihre Vorzeichen. (Und die Würfelegebnisse "20", Patzer", und "1", Autoerfolg", ihre Bedeutung.)
Bei einer normalen Schleichenprobe hätte mein Junger Waldläufer nach diesem Modell immer noch eine Erfolgs-Chance von 75%. (Er startet mit einem Bonus von +5 und ich muss mindestens eine 10 würfeln. Der Bonus setzt sich zusammen aus: +2 von der Fertigkeit "Heimlichkeit" und +3 vom Attributsbonus GES.) Ein Charakter mit GES 8 ohne Heimlichkeit hätte eine Chance von 45%. (Malus von -1 gegen Mindestwurf 10). 

Das selbe System wird auf S. 36 auch knapp vorgestellt. Zu knapp in meinen Augen. Allerdings legt es sich auf einen Mindestwurf von 12 fest. Ich finde, dass der Wert etwas zu hoch angesetzt ist. Der GES-8-Charakter hätte eine Schleichen-Chance von 35%, mein GES-19-SC hätte eine Chance von 65% auf Erfolg. Wenn man sehr auf "gegenseitige Hilfe" setzt oder Spieler hat, die kreativ sind und sich viel Mühe geben gegenüber der Spielleitung zu argumentieren, was ihre SC tun und warum sie (die SL) eine leichtere "Probenstufe" verwenden sollte, dann mag "Mindestwurf 12" Sinn machen.

Mindestwurf 10 dagegen ist schön eingängig. Er lässt Figuren mit hohen Werten die guten Erfolgswahrscheinlichkeiten, die mit der Kompetenzerwartung der Spieler übereinstimmt.

Wie dem auch sei: Ich will dringend dafür plädieren die "hoch-ist-gut"-Methode bei Fertigkeiten- und Attributswürfen zu nehmen. Attribute-Unterwürfeln sorgt z.T. für absurd hohe Erfolgschancen.



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[1] "Schleichen" wird im Beispiel als Platzhalter verwendet. Üblicherweise ist Schleichen eine Tätigkeit, die einen Konkurrenzwurf erfordert.

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