Samstag, 22. Januar 2011

Am Anfang war - das Votum des Schicksals. Teil 3

In den vorhergehenden beiden Beiträgen habe ich exemplarisch einen Charakter für Warhammer FRP 2nd erschaffen. Als Beispiel für eine zufallsbasierten Spielfiguren-Generierung. Nun möchte ich ein wenig näher beleuchten, was die Vorteile dieser Methode sind:

Das Wichtigste für mich ist, dass Charaktere nicht am Reißbrett konstruiert werden können, sondern sozusagen "geboren" werden.

Bei Verwendung einer Zufallsgenerierung kann ich gar nicht erst mit einer fertigen Vorstellung von einem Charakter ankommen, die das Rollenspiel-System dann gefälligst abbilden können muss. Und das ist auch gut so.

Es kommt nämlich durchaus vor, dass sich ein Charakter von der eigenen Kopfskizze aus gar nicht in Regeln fassen lässt. Vielleicht, weil der Charakter von der Konzeption her gar kein "Startcharakter" ist; Weil er, wollte man ihn nachbauen, viele Verbesserungen bräuchte, die normalerweise erst im Lauf des Spiels "freigeschaltet" werden. Zum Beispiel durch Erfahrungspunkte.
Ein anderer Grund, warum sich die Idee von meiner Spielfigur nicht befriedigend umsetzten lässt könnte sein, dass meine Vorstellung (minimal) vom Hintergrund - von dem, was es in der Spielwelt gibt, abweicht.

Weiterhin entgehe ich bei einem Zufallssystem langwierigen Entscheidungsprozessen und kompositorischen Winkelzügen:
Nehme ich lieber Fertigkeit A oder B?
Soll mein Charakter nicht doch noch ein bißchen
charismatischer sein und dafür weniger stark?
Ach, Sprachen lasse ich ganz weg, die werden vom SL
ohnehin nicht thematisiert. Die werden im Spiel nicht wichtig.
Dafür nehme ich lieber noch das Talent XY, weil
das Voraussetzung für das super Imba-Talent XXL ist.


Kurzum: Das ganze Gefrickel am Reißbrett - aus dem dann auch noch ein kohärenter und stimmiger Hintergrund zusammengestopselt werden muss - entfällt.


Stattdessen bekomme ich bei der (assoziativ arbeitenden) zufälligen Erschaffung Spielwerte und Hintergrundfragmente. Im Zusammenpassen oder Gegensatz-Bilden stellen diese Teile immer Fragen an der Erschaffer.

Bei unserem WFRP-2nd-Charakter "Luk Weinbein" war eine Frage:
>> Wie kommt es, dass der Halbling kompetent im Nahkampf ist und er gleichzeitig - für einen Vertreter seiner Rasse - relativ wenig gewandt ist? <<

Die Kombination aus dem Sternzeichen "Grungnis Bandelier", dem zufällig erwürfelten Talent "geborener Krieger" und Marketender führt zu der Idee: "Das Schicksal hat ihn irgendwie mit dem soldatischen Bereich bekannt gemacht."
Das Wo? und Wie? beantwortet die Herkunft "Talabecland (Gegend großer,
wilder Wälder).
Die Goblins bestätigen auf ihre Weise den Unkenruf* für Mr. Weinbein:
"Hüte dich vor grüner Haut, sie wird dich bedrängen."
Ob Orks, Goblins, Sotlinge, Gnobarls, ... wirklich das Verhängnis für unseren SC darstellen werden? Wer weiß? Aber der Grundstein ist durch das Gefecht mit den Goblins gelegt.
Das besondere Kennzeichen und die - für einen Halbling - schlechte Gewandtheit erkläre ich durch eine gravierende Verletzung im Kampf mit den Gobbos.

Kurz zur Ausgestaltung des Charakterhintergrunds benutze ich das Mittel "Assoziation" und als Methode die Ätiologie. (Der Verlinkte Artikel ist leider alles andere als gut. Ich hoffe trotzdem, dass er den Begriff zu erklären vermag.)


Zusammenfassung:
Die zufällige Spielfiguren-Generierung (nach WFRP 2nd) erschafft organisch einen Charakter, auf den ich so sicher nie gekommen wäre. Die Figur fühlt sich lebendig an, hat Stärken und Schwächen. Sie ist fest im Hintergrund verortet und ist in das soziale Gefüge der Spielwelt eingebunden.
Wenn ich mich bei der Erklärung der Spielwerte, beim Skizzieren des Hintergrunds bemühe, dann erhalte ich in der Regel auch einen Charakter, den ich spielen möchte.
Für den Fall, dass das mal nicht eintritt, kann ich ja noch einen neuen Charakter generieren. Bei WFRP 2 dauert das schlimmstenfalls 30 Minuten. Bestenfalls 5-10.


Zum Abschluß wünsche und hoffe ich, dass es wenigstens ein bißchen verständlich ist, warum ich mich so für die Zufallsgenerierung begeistere.



* Den Unkenruf (aus "Reiche des Glaubens") hatte ich
bei meinen vorhergehenden Einträgen unterschlagen.
Er sei hiermit nachgereicht.

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